Ist sie „Deutschlands beste Comiczeichnerin“, wie Die Woche schrieb? Sehr vieles spricht dafür.
Z.B. wenn man auf die Preise schaut, die sie in den letzten Jahren gewann: Den 1. Deutschen Comicpreis als beste deutschsprachige Comic-Künstlerin auf dem Comic-Festival Hamburg, den Max-und-Moritz-Preis in der Kategorie "Beste deutschsprachige Comic-Publikationen für Kinder und Jugendliche" für Der 35. Mai – als Comic, auf dem Comic-Salon Erlangen. Den Sondermann-Preis in der Kategorie Comic-Eigenpublikation für Die Sache mit Sorge und den gleichen Preis noch einmal in der gleichen Kategorie für Haarmann.Spannend zu erfahren, welches Kinderbuch diese fantastische Illustratorin, die u.a. den Stil von Walter Trier so wunderbar adaptiert, für das schönste hält:
"Der Zauberlehrling", illustriert von Tomi Ungerer, hat auf mich die stärksten Eindrücke hinterlassen. Um den Text, mit dem Barbara Hazen Goethes Zauberlehrling nacherzählt, habe ich mich seinerzeit wenig gekümmert, denn es wurde sehr selten vorgelesen. Ich kann mich aber gut daran erinnern, wie gern und ausdauernd ich die Bilder betrachtet habe, die so viele kleine Entdeckungen zuließen. Der Illustrator hat wunderbar wenig Rücksicht auf die kindliche Psyche genommen. Das Schloss des Zauberers ist voller geheimnisvoller Gewölbe und Öffnungen, in denen sich Monstren, Mumien und Mutationen tummeln. Schleimige Tentakeln baumeln über Brunnenränder oder ringeln sich aus dunklen Löchern, Ersatzgebiss und Zahnbürste des Zauberers liegen am Rand des großen Wasserbeckens, das der Zauberlehrling täglich auffüllen muss. Die Katastrophe entwickelt sich rasant, die Bilder werden zu Sequenzen, man möchte die Seiten immer schneller umblättern um zum "Show Down", der Rückkehr des Zauberers, zu kommen. Für die Texte bleibt da sowieso keine Zeit.
Ein aktuelles Kinderbuch, das auch bestens ohne Text auskommen würde, ist "Die Straße. Eine Bilderreise durch 100 Jahre" mit Illustrationen von Gerda Raidt.
Sieben Doppelseiten, auf denen der sich wandelnde, immer gleiche Ausschnitt einer Straße samt Querschnitt eines Hauses abgebildet ist. Die Idee ist nicht neu, die sich verändernde Landschaft bzw. Stadt gab es bereits 1973 und 1976 in den wunderbaren von Jörg Müller gestalteten Bilderbögen. In Gerda Raids Buch geht es allerdings nicht um Kritik am Fortschrittsglauben, der Zeitraum ist viel weiter gefasst, als bei Müller. Die Strasse erlebt bewegte Zeiten, u.a. zwei Weltkriege und eine Wiedervereinigung. Da hängt das Adolf Hitler Bild zunächst im Wohnzimmer, einen Bilderbogen später kann man es auf dem Dachboden wiederfinden und an der Wohnzimmer-Tapete leuchtet ein heller Fleck. Auch Stilgeschichtliches gibt es zu lernen. Die Ausstattung reicht von der dunkel gebeizten Schlafzimmergarnitur bis zum Billy Regal. Als Kind hätte mich dieses Buch fasziniert, als Erwachsene freue ich mich sehr darüber.“
1931
1945
1971 © Gerda Raidt