Donnerstag, 3. November 2011

Jacky Gleich über laufende Bilder und Standfotos

Kleines Vorwort in eigener Sache: Es tut mir leid, dass Sie so lange auf diesen Blogbeitrag warten mussten. Aber inzwischen ist auch sehr viel passiert: wir sind von Frankfurt nach Tübingen umgezogen, die Buchmesse hat stattgefunden und in Weimar begann das Wintersemester.

Heute kommt eine Illustratorin zu Wort, die schon lange auf meiner Lieblingsliste steht und die einen unheimlichen Output an guten Bücher hat: Jacky Gleich.

Hier ihre Meinung in puncto Lieblingsbuch:
"Wesentlich angeregt, haben mich sehr früh Jiri Salamoun (z.b. MAXI HUND FIPS) und Werner Klemke (z.b Ferdinand, der Stier).



Bei beiden hat mich schon immer die Art ihres Erzählens fasziniert - eine filmische Art, ein Weitererzählen, Interpretieren - eben kein bloßes Bebildern, wie es leider heute immer öfter zu sehen ist. Vielleicht hab ich deshalb erst Film studiert und Filme gemacht, um das zu lernen - filmisch denken, also in laufenden Bildern, nicht in Standfotos.

Auf Salamoun bin ich immer neidisch, weil sein Strich so locker, so leicht, so zufällig und doch so pointiert ist und die Gesichter und Gesten so ausdrucksstark sind. Klemke hat, außer dass er tolle Bücher gemacht hat - fantastisch reduziert -, viele schöne Sätze gesagt (die sich besonders die jungen Illustratoren zu Herzen nehmen könnten):

"Neben der Arbeit für das Buch habe ich immer vieles andere getan. Ich glaube, es gibt nichts Schlimmeres, als sich zu spezialisieren. Ich habe viel für die Presse gezeichnet, Plakate gemacht, Prospekte, Typographien, Ausstellungstafeln, habe Schrift gezeichnet, Bühnenbilder und Kostüme entworfen und immer wieder – bloß so und für mich gezeichnet, gemalt und herumprobiert."

Ich hab nie die klassischen Donald Comics usw. gemocht. Das war mir zuviel Gewusel und letztlich ist das bis heute noch so.

Wenn ich heute eine Zeichnerin sehr mag, die in Richtung Comic geht, dann ist das Nadia Budde. und auch hier gefällt mir die Reduktion, Beschränkung auf das Wesentliche, die Art des Humors. mir gefällt auch diese Art "Schlampigkeit", die ihre Bilder haben, obwohl das Wort negativ klingt … ich lach sehr viel nur schon über ihre Gesichtsausdrücke.
Ich hab es gern, wenn sich Illustration nicht zu ernst, zu kunstvoll nimmt, so gekonnt und wichtig.


Was mir am meisten an Erlbruch gefällt: ich hab das Gefühl, er reduziert seine Bilder immer mehr, weil es alles nicht wichtig ist, auch Illustration nicht. Was kann man noch sagen, was nicht sowieso schon in jedem drin ist... drin sein sollte. Das ist natürlich in gewisser Weise arrogant.


In Deutschland gibt es zuviel Angst vor nicht verstandenen Bildern...
So das wars. Ich hoffe, das reicht. Irgendwie ist das auch komisch, so was aufzuschreiben. Das wirkt dann so endgültig und vielleicht in einem Jahr ist das ganz anders.“

Danke, Jacky Gleich. Werde in einem Jahr noch mal nachfragen :-)

Dienstag, 6. September 2011

Olivier Tallec: Vom großen, kleinen und vom ganz großen Wolf.

Olivier Tallec, hat in seiner Heimat Frankreich bereits über 60 Kinderbücher illustriert und dafür viele Preise und Auszeichnungen bekommen. Bei uns wurde er vor allem durch die drei Bücher Vom großen Wolf & kleinen Wolf bekannt. „...das ist große Bilderbuchkunst“ urteilte dabei die FAZ. „Grandiose Bilder“ meinte dazu die Zeit.

Und hier Olivier Tallec über sein Lieblingsbuch eines anderen Autors/Illustrators:


„Ein Buch, das mich außerordentlich berührt hat, ist Wolf Erlbruchs "Ente, Tod und Tulpe". Ich erinnere mich, wie mich das Cover und der geheimnisvolle Buchtitel zunächst betroffen gemacht haben. Ich habe es auf einer Messe entdeckt, wo Wolf Erlbruch Bücher signierte und war tief von seinen Buntstiftzeichnungen beeindruckt, die ich so noch nicht kannte. Ich mag seine direkte und sehr frontale Art an den Tod heranzugehen. Ich mag seine körperliche Darstellung des Todes. Und ich finde es wegen seiner Schlichtheit so außergewöhnlich.


Wolf Erlbruch ist es gelungen, mit sparsam eingesetzten Gestaltungsmitteln Räume (wie dieses Ufer) zu schaffen. Es gibt sehr wenig Farbe, sehr wenige Details, man weiß nicht, wo man ist und gleichzeitig müssen wir es auch gar nicht wissen. Man bekommt nur ein Minimum an nötigen Informationen.

Es gibt recht wenig Bücher, zum Thema Tod. Dies ist eines, dass man nicht erst notgedrungen in einem Trauerfall lesen muss. Im Gegenteil. Es ist sogar ein Buch, das vor allem über das Leben erzählt.

© Verlag Antje Kunstmann GmbH, München 2007

Montag, 8. August 2011

Womit Karsten Teich das Kinderzimmer rockt!


Karsten Teich illustriert seit 2001. Und spätestens seit seiner Serie mit dem Cowboy Klaus kennen ihn auch Eltern und Kinder, die sich nur am Rande mit Büchern beschäftigen. Denn die Serie wurde ein echter Renner - ein Erfolg den Karsten Teich auch längst verdient hat.

Karsten zeichnet, schreibt und lebt mit seiner Familie in Berlin und sagte kürzlich in einem Interview auf die Frage: Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
„Ich glaube Erinnerung ist ein ganz großer Posten auf dem „Rezept“. Als Kind habe ich besser gesehen als heute. Impulse für Geschichten kriege ich gelegentlich beim Quatschmachen mit meinem jüngsten Sohn. Oft beginnt eine Sache nur mit einem seltsamen Wort oder Satz.“

Hier sein Lieblingskinderbuch.


„Als ich klein war, habe ich oft das favorisierte Spielzeug des Tages abends unter mein Kopfkissen gelegt. Eigentlich war es öfter das favorisierte „Ding“ des Tages. Das reichte vom Eierschneider bis zur Hasenpfote, die in einem Flaschenöffner endete. Sollte ich heute, gestern oder morgen ein Bilderbuch unter mein Kopfkissen legen, würde ich mich für die „Steinsuppe“ von Anais Vaugelade entscheiden.

In dieser Geschichte bekommt ein abgelegenes, eingeschneites Dorf Besuch vom Wolf. Man hat schon oft von ihm gehört und nun ist er da. Alt und ausgezehrt, mit einem schweren Sack über der Schulter, klopft er ausgerechnet beim Huhn.



Mitleid und Neugier verschaffen ihm Einlass. Denn er gibt vor, eine Steinsuppe kochen zu wollen. Davon hat das Huhn noch nie gehört. Der Wolf bittet um einen Topf Wasser und legt aus dem Sack einen großen Stein hinein. Die Henne schlägt etwas Gemüse zum Stein vor. Der Wolf willigt ein und nach und nach tauchen die neugierigen Nachbarn auf und bringen ebenfalls Gemüse mit.

Immer wieder blitzt das Gemüsemesser und das Weiß im Auge des Wolfes auf. Aus der Steinsuppe wird langsam eine Gemüsesuppe. Aber werden die Dorfbewohner schließlich auch noch im Topf landen???


Die Steinsuppe enthält mit Sicherheit nicht die mir liebste Art von Illustration. Einige Bilder haben gute Elemente. An manchen Stellen stößt, was man als „Handschrift“ lesen könnte, allerdings an seine Grenzen. Das ist aber wirklich nebensächlich. Die Figur des schwarzen, ausgezehrten, alten Wolfes mit fast menschlichem Torso, hätte ein vermeintlich „besserer“ Zeichner sicher nicht so klug und eindrucksvoll interpretieren können wie Vaugelade in ihrer eigenen Geschichte.

Damit sind wir auch bei dem, was dieses Buch so überaus grandios macht: Die Geschichte. Ich habe selten oder nie, eine bessere Geschichte für jüngere Zuhörer gelesen. Idee und Erzählstil fesseln sofort. Die Charaktere sind lebendig. Verlauf und Ende der Geschichte regen zu Fragen und eigenen Gedanken an.

Das Vorlesen macht Riesenspaß. Man kann abends mit diesem Titel ein Kinderzimmer richtig  'rocken'.“

"Die Steinsuppe" © Moritzverlag

 























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