Montag, 8. August 2011

Womit Karsten Teich das Kinderzimmer rockt!


Karsten Teich illustriert seit 2001. Und spätestens seit seiner Serie mit dem Cowboy Klaus kennen ihn auch Eltern und Kinder, die sich nur am Rande mit Büchern beschäftigen. Denn die Serie wurde ein echter Renner - ein Erfolg den Karsten Teich auch längst verdient hat.

Karsten zeichnet, schreibt und lebt mit seiner Familie in Berlin und sagte kürzlich in einem Interview auf die Frage: Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
„Ich glaube Erinnerung ist ein ganz großer Posten auf dem „Rezept“. Als Kind habe ich besser gesehen als heute. Impulse für Geschichten kriege ich gelegentlich beim Quatschmachen mit meinem jüngsten Sohn. Oft beginnt eine Sache nur mit einem seltsamen Wort oder Satz.“

Hier sein Lieblingskinderbuch.


„Als ich klein war, habe ich oft das favorisierte Spielzeug des Tages abends unter mein Kopfkissen gelegt. Eigentlich war es öfter das favorisierte „Ding“ des Tages. Das reichte vom Eierschneider bis zur Hasenpfote, die in einem Flaschenöffner endete. Sollte ich heute, gestern oder morgen ein Bilderbuch unter mein Kopfkissen legen, würde ich mich für die „Steinsuppe“ von Anais Vaugelade entscheiden.

In dieser Geschichte bekommt ein abgelegenes, eingeschneites Dorf Besuch vom Wolf. Man hat schon oft von ihm gehört und nun ist er da. Alt und ausgezehrt, mit einem schweren Sack über der Schulter, klopft er ausgerechnet beim Huhn.



Mitleid und Neugier verschaffen ihm Einlass. Denn er gibt vor, eine Steinsuppe kochen zu wollen. Davon hat das Huhn noch nie gehört. Der Wolf bittet um einen Topf Wasser und legt aus dem Sack einen großen Stein hinein. Die Henne schlägt etwas Gemüse zum Stein vor. Der Wolf willigt ein und nach und nach tauchen die neugierigen Nachbarn auf und bringen ebenfalls Gemüse mit.

Immer wieder blitzt das Gemüsemesser und das Weiß im Auge des Wolfes auf. Aus der Steinsuppe wird langsam eine Gemüsesuppe. Aber werden die Dorfbewohner schließlich auch noch im Topf landen???


Die Steinsuppe enthält mit Sicherheit nicht die mir liebste Art von Illustration. Einige Bilder haben gute Elemente. An manchen Stellen stößt, was man als „Handschrift“ lesen könnte, allerdings an seine Grenzen. Das ist aber wirklich nebensächlich. Die Figur des schwarzen, ausgezehrten, alten Wolfes mit fast menschlichem Torso, hätte ein vermeintlich „besserer“ Zeichner sicher nicht so klug und eindrucksvoll interpretieren können wie Vaugelade in ihrer eigenen Geschichte.

Damit sind wir auch bei dem, was dieses Buch so überaus grandios macht: Die Geschichte. Ich habe selten oder nie, eine bessere Geschichte für jüngere Zuhörer gelesen. Idee und Erzählstil fesseln sofort. Die Charaktere sind lebendig. Verlauf und Ende der Geschichte regen zu Fragen und eigenen Gedanken an.

Das Vorlesen macht Riesenspaß. Man kann abends mit diesem Titel ein Kinderzimmer richtig  'rocken'.“

"Die Steinsuppe" © Moritzverlag

Dienstag, 21. Juni 2011

Hunderttausend Höllenhunde!! Hier kommt Ole Könneckes Lieblingsbuch!

In Wikipedia steht lapidar: sein unverwechselbarer, einfacher Zeichenstil erinnert an Comics. 
Die daneben stehende Auflistung der Auszeichnungen ist da schon etwas aussagekräftiger:
2 x Kinderbuchpreis des Landes NRW, 2 x Kröte des Monats, Jury der jungen Leser, Illustrationspreis für Kinder- und Jugendbücher, Dt. Jugendliteraturpreis…

Und zur Qualität kommt die Quantität: alleine Amazon listet unter dem Stichwort "Ole Könnecke" 168 Ergebnisse auf. Außerdem fällt auf, dass er nicht nur illustriert, sondern auch selbst Geschichten schreibt und dabei Serien bevorzugt.

Hier alles über Ole Könneckes Lieblingskinderbuch (eine Wahl, die nicht sehr erstaunt):

“Ole Könnecke ein Lieblingskinderbuch? Keine Frage, das ist – halt, die Spielregeln. 'Wichtig wäre lediglich, dass das nominierte Buch noch verlegt wird und dass eine deutsche Ausgabe problemlos erhältlich ist' steht in der Anfrage. Damit fällt mein absoluter Favorit aus. Das beste Bilderbuch der Welt*. Na, kann man nichts machen.

Statt dessen: "König Ottokars Zepter" von Hergé. Was mir gerade an diesem Band der Tim-und-Struppi-Serie so gut gefällt, ist, dass hier die besten Elemente aus der Frühphase und der klassischen Phase zusammen kommen.


Einerseits gibt es hier noch die episodenhafte Erzählweise der ganz frühen, naiven Bände, in denen ein Einfall den nächsten jagte. Als ich vor vielen Jahren zum ersten Mal die Filme von Louis Feuillade sah ("Fantomas" und "Les vampires"), fragte ich mich die ganze Zeit, warum die mir so bekannt vorkamen. Bis ich merkte: Natürlich, das ist der frühe Hergé. Der muss diese Filme gesehen haben. Ein unerschrockener junger Reporter gerät von einer dramatischen Lage in die nächste, Episode reiht sich an Episode, Verfolgungsjagden, tollkühne Heldentaten. Sogar optisch gibt es Entsprechungen (die seltsam menschenleeren Straßen …).

Andererseits hatte Hergé inzwischen seinen Stil, zeichnerisch und erzählerisch (was nicht zu trennen ist) so weit perfektioniert, dass die großen Klassiker gerade hinter der nächsten Ecke warteten.

Und genau dieser Zwischenzustand macht "König Ottokars Zepter" für mich so reizvoll.”


*Nachtrag.
Nachgefragt, welches Buch das seiner Ansicht nach beste Bilderbuch der Welt ist (auch wenn es nicht auf deutsch zu bekommen ist), sagt Ole Könnecke:

"Das beste Bilderbuch der Welt ist natürlich 'Harold and the purple crayon' von Crockett Johnson. Ich selbst hatte als Kind die schwedische Ausgabe und das Buch hat mich wie kein anderes beeinflusst. Es gab wohl irgendwann in den Fünfzigern eine deutschsprachige Ausgabe, aber die habe ich nie gesehen.”

Da es diese wirklich nicht (mehr?) gibt, hier ein link zu einem Youtube-Film, in dem das Buch vorgestellt und vorgelesen wird (leider von einer etwas nervigen Stimme): http://youtu.be/G8yqeDDQPok



Mittwoch, 18. Mai 2011

Vitali Konstantinov über besonders schöne Dinge.



Wenn der Vorname Vitali von vital kommt, was ich stark annehme, hätte Vitali Konstantinov keinen anderen bekommen dürfen! Zum Beweis empfehle ich einen Blick auf seine Homepage: http://www.pittore.de/ 
Und da nicht nur auf seinen Lebenslauf, sondern auch auf seine umtriebige Teilnahme an Ausstellungen und seine unzähligen Erfolge.

Vitali bat mich zu sagen, dass er nicht „Russisch“ ist, sonder eher »sowjetisch-stämmig« und bei Odessa in Ukraine geboren wurde. 
Um was er mich nicht zu sagen bat: Er ist ein sehr netter, sehr kommunikativer Mensch und ein großartiger Illustrator.

„Es ist nicht leicht über Lieblingsbücher zu reden, wenn man diese selbst dauernd illustriert. Vielleicht ist es ein wenig wie mit den Kindern: die Eigenen – egal wie frech, rotzig, laut und unerzogen – sind sowieso die Schönsten... Oder etwa nicht?! Ich würde auch sagen: in unserem Beruf ist die »Bilderflut« eher andersherum gerichtet und ein emotionelles Wahrnehmen der fremden Bilder ist für einen »Profi« etwas ungewöhnlich...
Nun, wenn ich — als längst »erfolgreich integrierter« und mit der Leitkultur vertrauter deutscher Staatsangehöriger — meinen Blick über Buchregale oder Buchmessestände gleiten lasse, bevorzugt dieser oft und ganz unbewusst die Bilder der Zeichner mit Osteuropa- oder – zumindest – DDR-Wurzeln. Meine Kindheit und mein Studium in der Sowjetunion: ganz und gar ohne Comics – dafür mit dem hohen Stellenwert der Literatur und mit fundierter »autoritärer« Kunstausbildung – beeinflusst wohl meinen Geschmack bis heute.“

Und hier Vitalis Lieblingsbuch der Gegenwart: 

Wenn die Dinge lebendig werden: Die schönsten Dingmärchen von Andersen bis Lemony Snicket. - Auswahl: Edmund Jacoby und Aljoscha Blau, Illustrationen: Aljoscha Blau 


"Wenn man über ein Buch spricht, dürfte der Text eine primäre Rolle spielen. Darauf weist schon der stets zweite – untergeordnete – Platz des Illustrator-Namens auf dem Cover hin. 

Die »schönsten Dingmärchen« bieten wirklich eine unterhaltsame Lektüre an: Es ist eine feine Sammlung der Geschichten: Klassiker und weniger bekannte Stücke – in denen allesamt unbeseelte Gegenstände die Haupthelden sind. Spielzeug, Geschirr, Lebensmittel usw. werden nach Willkür der Autoren in allerlei emotionelle Verzwickungen und Handlungen involviert, als wären sie lebende Kreaturen. Eine Blutwurst hat eine schwere Beziehung mit einer Leberwurst, ein Granitblock geht ins Kino, ein Stück Kohle mischt sich in die Kunstszene ein... Was es nicht alles gibt! 


Es ist im Übrigen keine leichte Aufgabe für eine/n Illustrator/in, solch ein aktives Stillleben darzustellen und einer Teekanne oder einer Wurst emotionellen Ausdruck zu verleihen, gewöhnlich hat man eher mit Menschen und Tieren als Protagonisten zu tun. Notgedrungen weiß ein/e Illustrator/in sich mit der Strichmännchen-Anatomie und - Physiognomie zu helfen.


Jedes Buch von Aljoscha Blau (s.: http://aljoschablau.com/ ) ist ein Kunstwerk, darüber sprechen auch all die Auszeichungen und Preise, die sie bereits gewonnen haben. Wir kennen seine grossartigen Bildbände, in denen der Text schon fast irrelevant ist.

Untypischerweise begleitet Aljoscha Blau die ausgewählten Dingmärchen nicht mit seinen überwältigenden Gouache-Gemälden, sondern mit reduzierten und verspielten Collagen und erweitert sie nur durch wenige Feder- und Bleistift-Zeichnungen.


Die Collagen sind liebevoll aus auserwählten Fundblättern und dezent koloriertem Papier zusammen geschnippelt und erzählen ihre eigenen leisen Geschichten: da findet man die Kasaner Kathedrale auf einer Tasse (Leningrader bzw. Petersburger können sich in ihrem Lokalpatriotismus durchaus mit den Hamburgern messen), oder hier sehen wir exakt auf den Text bezogene koreanische – jawohl, weder chinesische noch japanische – Schriftzeichen.


Der aufmerksame Zuschauer kann sich noch auf einige kleine Entdeckungen freuen. Nicht zuletzt sollte man auch sehr gutes Papier und eine hohe Druckqualität des Buches erwähnen. Diese schön herausgegebene Sammlung der Geschichten über die Gegenstände, »die der Einfachheit halber« denken, sprechen und sich bewegen können, wird sicherlich besonders die Kinder begeistern und Anlass zu einigen Spielen am Esstisch geben.

Mit herzlichen Empfehlungen:

Vitali Konstantinov

© Jacoby und Stuart

 























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