Montag, 10. Januar 2011

Fünf Stefanie Harjes und ein Lieblingsbuch.

Sie ist nicht nur eine unheimlich sympathische Illustratorin, sondern auch eine richtig gute: für ihre Arbeiten erhielt sie u. a. den Österreichischen Jugendbuchpreis, die Auszeichnung „Eines der Schönsten Bücher des Jahres“, und kürzlich eine Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis („Wenn ich das siebte Geißlein wär´“)

Hier Stefanie Harjes Gedanken zu ihrem – wie sie sagt – derzeit liebstem Bilderbuch.
(Alle Illustrationen lassen sich übrigens vergrößern, indem Sie sie anklicken!)

„Um zu entscheiden, welches dies denn sein soll, habe ich in etwa drei Monate gebraucht. Schließlich bin ich nicht allein. Sondern mindestens 5. Und alle Ichs haben unterschiedliche Vorlieben. Aber es soll hier nicht um mich gehen, sondern um ein Buch. Von denen es ja auch unendlich viele gibt. Unendlich viele tolle außerdem.
Aber dieses ist eben doch ganz besonders:


Es ist das Bilderbuch „Schnipselgestrüpp“ von Julia Friese und Christian Duda, erschienen im Bajazzo Verlag in Zürich. 

Klar macht mir dieses Buch Spaß, bin ich doch selbst eine Bastlerin mit Papierschnipseln und Fundstücken, mit Pinsel und Schere, mit Farben und Klebstoff.
So wie Julia Friese.
So wie der kindliche Protagonist.


Der in einer recht trostlosen Umgebung – Hartz IV-Tristesse, die eher graugrünen Räume mit spärlichen Möbeln ausgestattet – lebt, zusammen mit seinen Eltern.
Nein, eher neben seinen Eltern, die – ebenso wie das Mobiliar – wie leb- und gefühllose Teile der Einrichtung wirken.
Die einen Großteil des Tages vor dem Fernseher zu verbringen scheinen, in Ermangelung anderer Ideen. Reglos, antriebslos, ungerührt, resigniert.

Aber.
Der Junge.
In dessen Zimmer Zeitungen liegen anstelle eines Teppichs.
Der lesen kann und schauen, und der feststellt, dass die Welt ein Abenteuer ist.
Das in seinem Zimmer stattfinden kann.
Der sich neue Welten zusammenschnipselt.
Die die Wände bedecken und die ihn und mich in Atem halten.
Bis die Mutter kommt und alles in einen dieser großen blauen Müllsäcke stopft, die es im 10er-Pack zu kaufen gibt. 
(Ich erschrecke und will protestierend eingreifen, aber das geht nicht, denn ich bin ja nicht im Buch. Dabei hat es sich so angefühlt.) 
Dem Jungen macht es offenbar wenig, dass seine phantastischen Kunstwerke zerstört werden.


Denn.
Die Mutter bringt neue Zeitungen aus dem Altpapierstapel.
Und der Junge findet eine Gottesanbeterin.
Und dann wird der Junge selbst zur Gottesanbeterin.
Und alles um ihn herum fängt an zu blühen, wird wilder Urwald, und daran können auch die Eltern nichts ändern, denen jegliche Phantasie abzugehen scheint, die stur an dem festhalten, was sie selber sehen können, und das ist verdammt wenig.

(Mir hingegen bleibt der Mund offen stehen vor Staunen und ich spüre die Feuchtigkeit in der Luft, den intensiven Duft der exotischen Blüten, und ich höre die Schreie der wilden Tiere und das Flapp-Flapp-Flapp der vorüberfliegenden Wesen, war das ein Vogel? Nein, es ist eine fast zur Gänze vermummte Frau mit Bücherflügeln.) 


Dann.
Die Zeit vergeht zäh wie Kaugummi, der Junge ist allein, hat Angst.
Irgendwann kommt der Vater zurück ins Kinderzimmer und verwandelt sich in einen Frosch.
Und irgendwann erscheint ein Lächeln auf dem Gesicht der Mutter, die Wurzeln schlägt und eine kleine Blüte treibt.
Immerhin.

Ich finde, nein behaupte:
Dieses Buch ist ganz, ganz groß.
Eine so still und poetisch explodierende Kinderphantasiewelt.
Die doch alles andere ist als klischeehaft bunt, die nachdenklich ist und auch traurig. Die Fragen stellt und offen lässt.
Wie eben Kinder sind.
Und wie eben Kinder es tun.
Kleine wie große.“

© Bajazzo-Verlag, Zürich



Donnerstag, 2. Dezember 2010

Christine Paxmann und der Gutbär.

Christine Paxmann schreibt, illustriert und konzipiert zwar auch selbst, ist daneben aber auch Herausgeberin der Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendbuchliteratur Eselsohr, in der Monat für Monat interessante Neuerscheinungen vorgestellt werden. Deshalb war es für mich natürlich besonders reizvoll, ihr Lieblingsbuch kennenzulernen.

Christine Paxmann über: Der große Bär.


"Dieses Buch ist kein filigranes Kunstwerk, es ist kein handwerklich ausgefeilter Wurf. Es strotzt nicht vor Farben. Und es ist flächiges Photoshop-Gebimsel, ABER ....

... als der Bär versuchte einen Baum und Biber gleichzeitig zu umarmen ... spätestens an dieser Stelle des Bilderbuchs möchte man vor Glück dahinschmelzen. Derweil ist die Sache denkbar einfach, und der Beweis wieder einmal erbracht, dass das Leseglück recht wenig braucht.


Bär ist nicht wie andere Bären. Er ist ein Gut-Bär. Glücklich, wenn er die Mittiere ganz doll lieb haben darf, was sich bei ihm in herzhaften Umarmungen äußert. Noch lieber als die Tiere hat der Bär die Bäume und von der zarten Birke bis zum Jahrhundertahorn wird alles niedergeknutscht, was Blätter trägt.


So würde das schmale Büchlein mit den immer gleichen grünen und braunen Farben plakativ und grafisch sauber weiter gehen. Nicht satt sehen könnte man sich an dieser Umarmerei, die den tiefsten Frieden ausstrahlt. Aber eines Tages, just eben jenem mit der Biber-Baum-Umarmung tritt das Fremde in Bärs Leben.


Ein Holzfäller. Zum ersten Mal verspürt Bär einen tiefen Groll als sich der Mann einem seiner Lieblingsbäume mit der Axt nähert. Doch er wäre nicht der gutherzigste aller Bären, wenn er sich nun verraten würde. Der Holzfäller wird ganz nach Bärs Art kräftig in die Arme geschlossen. Solche Freundlichkeit nicht gewöhnt flieht der Mann unverrichteter Dinge, nur eine kleine Kerbe in der Rinde erinnert an das Erlebnis, das Bär mit einer heftigen Baumumarmung besiegelt. Tiefes Freuen stellt sich bei der kurzen, aber pointierten Lektüre ein. Man möchte dieses Buch als Deeskalator beruflich wie privat einsetzen und bedauert, dass die Bilderbuchtherapie hierzulande noch nicht gesellschaftsfähig ist. Dieses Buch ist die Friedensbotschaft pur und sollte in den Erste-Hilfe-Kasten eines jeden Haushalts.“ 

Nicholas Oldland/aus dem Englischen von Nicola Stuart: Der große Bär, Jacoby & Stuart

Sonntag, 7. November 2010

Manuela Olten, die Bücheranschauerin.

Manuela Olten studierte visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Kinderbuchillustration. Gleich für ihr erstes Buch "Echte Kerle" erhielt sie 2004 den Oldenburger Kinder- und Jugendliteraturpreis.

Da die Abdruckrechte für ihr Lieblingsbuch vom Verlag nicht zu bekommen waren, kann leider nur der  Titel abgebildet werden. Als Ausgleich dafür gibt's einfach mehr Abbildungen aus Manuela Oltens echt tollen Echten Kerlen:



© Bajazzo Verlag

"Also, ein Buch, das ich wirklich sehr, sehr gern mag ist: "The big rabbit's bad mood" von Delphine Durand. Ich mag dieses Buch aufgrund des Illustrationsstils. Alles andere interessiert mich an diesem Buch nicht. Ich glaube, der Inhalt ist auch ganz okay. Aber dieser Zeichenstil und diese zurückhaltende Farbgebung haben es mir angetan. 


Ich habe einige Bilderbücher zu Hause, deren Inhalt ich kaum kenne, weil ich mir immer nur die Bilder anschaue, und einfach nicht genug davon bekommen kann. Ich bin also ein Bücheranschauer, zumindest bei Bilderbüchern.

Aber da war ja auch noch die Frage nach Lieblingsbüchern meiner Kindheit: Ich habe schon sehr früh angefangen, Krimis zu lesen. Alles, was mir damals in die Finger kam. Am häufigsten waren es Agatha Christie Krimis. Bis heute bin ich ein Krimi-Fan und höre beim Illustrieren eigentlich immer Krimihörbücher. Ich frage mich oft, ob das wohl meinen Illustrationsstil beeinflusst???"

Manuela Olten

 























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